Re: Patientenaufnahmestop in den Praxen - eine Lösung?!
von Dr. Schnack » Fr 27. Mär 2020, 16:43
Ich denke, das ist ein Thema, welches man differenziert betrachten muss. Wir als Hausarztpraxis sind beispielsweise im Hinblick auf unsere Kapazitäten absolut am Limit. Wir führen in der Regel eine offene Sprechstunde und bieten ein großes Leistungsspektrum an. Viele Dinge im Praxisalltag (mal ganz abgesehen von der derzeitigen Situation) sind nicht planbar. Ob Nierenkolik, Platzwunde, akute Lumbago oder allergische Reaktion: diese Patienten bedürfen sowieso einer akuten Intervention. Aber es gibt doch auch genügend andere Gesundheitsstörungen, die -insbesondere in der Allgemeinmedizin- nicht auf die ewig lange Bank geschoben werden können (Termin in der übernächsten Woche ist für viele Patienten berechtigterweise einfach ein no-go). Und wenn dann das Patientenklientel ständig wächst, so führt dies unweigerlich zu immer längeren Wartezeiten und für uns zu einem Arbeiten unter ständigem Zeitdruck. Da bleibt dann auch die individuelle Zuwendung, die ein Patient erwartet und auch erwarten darf, auf der Strecke. Wir sind doch nicht nur simple Dienstleister und unsere Patienten sind auch keine Waren. Jeder von uns will natürlich vom Kuchen das größte Stück, aber irgendwann ist sinnbildlich jedes Maul mal voll. Und da es uns finanziell ja allen nicht soooo.. schlecht geht, sehe ich auch keine Notwendigkeit pekuniäre Gesichtspunkte in den Vordergrund zu stellen. Daher haben wir in unserer Praxis einen Aufnahmestopp. Um alle Patienten noch adäquat mit gutem Gefühl versorgen zu können wollen wir keine weitere Vergrößerung unseres Patientenstamms. Durch die Ausnahmen (bereits im Patientenstamm befindliche Familienangehörige, Neubürger am Ort) kommen eh immer wieder mal neue Patienten, ganz aufhalten kann man das sowieso nicht. Aber wir führen halt keine "jedem zugängliche" Praxis. Notfälle sind hiervon natürlich ausgenommen, da haben wir noch nie jemanden weggeschickt. Ich möchte aber um Verständnis dafür werben, dass wir nicht immer noch mehr Patientenumsatz anstreben und dadurch unseren Patienten nicht mehr die nötige Aufmerksamkeit schenken können. In Influenzaspitzenzeiten hatten wir heuer maximale Wartezeiten von 1,5 bis 2 Stunden, länger wäre einfach keinem Patienten zumutbar. Und je mehr Patienten, desto mehr Hausbesuche, desto mehr administrative Tätigkeiten (Kuranträge, Schwerbehindertenanträge, sonstige Atteste etc.). Irgendwann darf man auch mal an sich selbst denken und entscheiden, dass eine 60- bis 70-Stundenwoche genug ist. In diesem Sinne viele Grüße aus Burggen !